23.7.2016
Toyota Mirai: Die Zukunft ist greifbar
Elektro-Autos, Hybrid-Antrieb mit und ohne Plug-in-Technik – alles schon auf dem Markt. Aber sind das wirklich die ultimativen Techniken, um Zukunftsprobleme wie die Abhängigkeit vom Öl, die Abgasvermeidung oder die Reichweitenanforderungen zu lösen? "Jein" sagen Fachleute und Hersteller, wohl wissend, dass allein der Wasserstoffantrieb der Königsweg wäre. So ziemlich sämtliche Hersteller entwickeln darum Brennstoffzellen-Autos. Deren Technik in einfachen Worten: Durch die chemische Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff wird Strom für einen Elektromotor erzeugt, der das Auto antreibt. Statt giftiger Abgase kommt aus dem Auspuff nichts weiter als klares Wasser. Man tankt Wasserstoff an speziellen Zapfsäulen, was nicht länger dauert, als einen Benzin- oder Dieseltank aufzufüllen und fährt damit eben so weit wie mit den herkömmlichen Kraftstoffen.
So weit so gut. Aber es gibt auch ein paar Haken. Erstens: Die notwendige Infrastruktur fehlt völlig. Es sei denn, man wäre so weltfremd und würde bei etwa 20 Wasserstofftankstellen in Deutschland von einem flächendeckenden Netz sprechen. Versprechungen, dass es bald viel mehr sein werden, gibt es schon lange. Zweitens: Solange Wasserstoff vorwiegend aus Erdgas (hauptsächlich für die chemische Industrie) hergestellt wird, ist es mit der Ökobilanz nicht so weit her. Wasserstoff lässt sich allerdings auch aus erneuerbaren Energien gewinnen. Drittens: Der Preis. Wasserstoffautos sind (noch) enorm teuer.
Dennoch hat diese Technik zweifellos Zukunft. Und darum bietet nach Hyundai auch Toyota für knapp 79 000 Euro ein Serienauto mit Brennstoffzelle an, den Mirai. Sinnigerweise ist Mirai das japanische Wort für Zukunft. Der Mirai ist eine viertürige Limousine, der man schon äußerlich ansieht, dass sie nicht der Norm entspricht. Technisch gibt es dafür zwar keinen Grund. Es ging nur darum, dem Auto ein möglichst futuristisches Aussehen zu verpassen. Innen hat man sich damit allerdings zurück gehalten. Natürlich gibt es ein Display, auf dem der Energiefluss zu beobachten ist, und viele andere digitale Informationen. Für Mirai-Fahrer dürfte die Reichweitenanzeige die wichtigste sein. Auf ein Multimediasystem müssen sie eben so wenig verzichten, wie auf einen adaptiven Tempomaten oder auf Stromschlucker wie Sitz- und Lenkradheizung. Solange man das Fahrpedal behutsam behandelt, herrscht weitgehend Stille. Erst wenn kräftig beschleunigt wird, meldet sich der Antrieb mit einen leise pfeifenden, aber unaufdringlichen Ton. Immerhin soll die fast 1,9 Tonnen schwere und fast 4,90 Meter lange Limousine in 9,6 Sekunden auf Hundert beschleunigen und für 175 km/h Spitze gut sein.
Die komplexe Technik wurde geschickt von vorn bis hinten im Auto verteilt, sorgt für einen tiefen Schwerpunkt, eine gleichmäßige Auslastung und damit für eine ausgeglichene Straßenlage. Das Herzstück, die 56 Kilogramm schwere Brennstoffzelle, sitzt ungefähr in Wagenmitte. Dicht davor der Konverter, der die Ausgangsspannung der Brennstoffzelle hochtransformiert. Die Leistungselektronik und der 114 kW starke und bis zu 335 Nm fähige Elektromotor befindet sich über den Vorderrädern. Unter den Fondsitzen wurde der größere der beiden Hochdrucktanks untergebracht. Zusammen mit dem unter dem Kofferraumboden liegenden kleineren zweiten Tank lassen sich fünf Kilogramm Wasserstoff bunkern. Unter dem Kofferraum sitzt auch die Nickel-Metallhydrid-Batterie, die den Elektromotor unterstützt. Sie kann bis zu 1,4 kWh überschüssige Energie speichern, die zum Beispiel aus der Rekuperation beim Bremsen entsteht. Wegen der platzgreifenden Aggregate ist der Kofferraum nur 361 Liter groß.
Toyota propagiert eine Reichweite von 550 Kilometern, was einem Verbrauch von etwa 900 Gramm Wasserstoff pro 100 Kilometer entspricht. Ein Kilogramm Wasserstoff kostet rund 9,50 Euro. Mit einem Diesel könnte man also wesentlich kostengünstiger tanken, würde aber Schmutz in die Welt blasen. Dass die Brennstoffzellen-Technik ausgereift ist, steht außer Zweifel. Fehlt nur noch ein akzeptables Tankstellennetz. Und das ist leider noch absolute Zukunftsmusik.
Holger Glanz, autoplusnews, Fotos: Toyota
Für mehr Infos: www.toyota.de