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autoplusnews - Kia Picanto: Klein und dennoch ganz groß
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30.3.2017
Kia Picanto: Klein und dennoch ganz groß
"Kleine Autos sind wie große, nur kleiner. Ein neues Auto lässt seinen Vorgänger immer alt aussehen". Beides sind Binsenweisheiten, so platt gewälzt wie der Teig für eine gute Pizza. Auf den neuen Kia Picanto, der ab 1. April 2017 bei den Händler steht, trifft nur die erste dieser Plattitüden voll zu. Die zweite nicht. Denn der Picanto lässt seinen Vorgänger nicht alt sondern uralt aussehen.
Dabei war der Vorgänger nicht gerade ein Ladenhüter, wie noch 2016 immerhin 7600 Zulassungen in Deutschland beweisen. Aber der neue schlägt ihn um Längen. Optisch. Nicht in den Abmessungen. In der Länge blieb es bei 3,60 Meter. Auch die Breite blieb mit 1,60 Meter unverändert. Dass die Höhe einen halben Zentimeter zulegte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Wichtiger ist da eher, dass der Radstand um 1,5 Zentimeter wuchs. Doch der Rede wert ist das eigentlich auch nicht. Wer sich davon mehr Platz im Fond verspricht, wird ernüchtert. Hinter einem 1,70-Meter-Mann kann man noch anständig sitzen. Hinter einer 1,80-Meter-Person nicht mehr. Allein der Zuwachs an Gepäckraum kann sich wirklich sehen lassen. 255 statt 200 Liter sind in dieser Klasse ein Quantensprung. Wer bei umgeklappter Lehne alles bis zum Dach vollstopfen will, kann 1010 Liter bunkern. Die Stufe, die die umgeklappte Lehne hinterlässt, lässt sich mit dem variierbaren Kofferraumboden ausgleichen.
Warum lässt der neue Picanto seinen Vorgänger uralt aussehen? Weil der Vorgänger niedlich und pummelig und sich scheinbar mit seiner Kleinwagen-Rolle begnügte. Der neue aber alle Designmerkmale eines spacigen Kompaktfahrzeugs besitzt und mit eindrucksvollem Bug und großen Lufteinlässen Ernsthaftigkeit und Sportsgeist demonstriert. Dass er satter auf der Straße steht und nur noch als Viertürer angeboten wird, nur nebenbei. Allerdings: am Heck hebt er sich eigenartigerweise nicht im gleichen Maße von seinem Vorgänger ab. Die sichelförmigen Heckleuchten und die Form der Heckklappe tragen bekannte Züge. Und wie der alte ist der neue ebensowenig ringsherum vor Parkremplern geschützt. Futuristisches Design und Schutzplanken lassen sich scheinbar schlecht in Einklang bringen.
Wie erwachsen der neue Picanto geworden ist, demonstriert vor allem der Innenraum. Ob Instrumente, Luftdüsen, Schalter und Hebel, Lenkrad und Sitze – hier wirkt nichts mehr kleinwagenmäßig. Außer vielleicht, dass sich die Kunststoffoberflächen unnötig hart anfühlen. Der in Armaturentafel-Mitte stehende und bestens placierte Navibildschirm erinnert an Mercedes. Schalter und Hebel gibt es nicht gerade wenige. Viele davon trägt das Dreispeichenlenkrad, das es auf Wunsch nicht nur in Leder, sondern auch beheizbar wie die Vordersitze gibt. Klimaautomatik, Freisprecheinrichtung, Ladestation fürs Smartphone, Tempomat mit Begrenzer, Rückfahrkamera, Parkpiepser hinten, Knieairbag für den Fahrer, natürlich Radio mit USB- und AUX-Anschluss – alles ist zu haben. Auch ein automomer Notbremsassistent wird auf Wunsch eingebaut. Und zwar einer, der nicht nur in der Stadt, also bis 50 km/h vor Auffahrunfällen schützt, sondern bis 165 km/h.
Schöne neue Kleinwagenwelt. Startpreis zwar nicht mehr 8990 Euro wie beim auch zweitürigen Vorgänger, sondern immer noch bezahlbare 9990 Euro. Aber Achtung. Auch eine Marke wie Kia, die zwar eine Siebenjahresgarantie gewährt, kocht nur mit Wasser. Wer den Picanto mit allen Schikanen ausstattet, zahlt weit mehr als 14 990 Euro – das ist der Preis für das Top-Modell GT Line. Für den Notbremsassistent löhnt man 590 Euro, für das Navi 990 Euro, für Klimaautomatik mit Parksensoren und Tempomat 890 Euro. Alle Farben außer weiß, neun an der Zahl, kosten 490 Euro extra. Und für einen 1,2-Liter-Vierzylinder mit 84 PS sind 400 Euro mehr zu zahlen als für einen 1,0-Liter-Dreizylinder mit 68 PS. Dennoch: Wer ein kleines Auto will, das so ist wie ein großes, ist beim Kia Picanto an der richtigen Stelle.
Holger Glanz, autoplusnews, Fotos: Kia
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