12.6.2015
Renault Espace: Captain Futures Raumschiff
Irgendwie hatten wir vermutet, die Karriere des Renault Espace würde sich dem Ende zuneigen. Einst Vorreiter einer Fahrzeuggattung machte die Großraumlimousine zuletzt schon einen leicht angestaubten Eindruck. Der letzte Espace rollte schließlich schon seit 2003 fast unverändert durchs Land.
Und jetzt? Der Espace des Jahres 2015 kommt daher wie Captains Futures Raumschiff auf vier Rädern.
Auf dem großen Touchscreen im Hochformat kann man nach Herzenslust herumtippen, um zu verstellen oder zu justieren, wonach einem gerade ist. Mit dem so genannten Multisense-System (Serie ab Ausstattung Intens) lassen sich nicht nur die Instrumente farblich verändern oder eine spezielle Ausleuchtung des Innenraumes erzeugen. Hier kann man auch das Ansprechverhalten des elektronischen Gaspedals bestimmen, die Gangwechsel schneller machen und den Widerstand am Lenkrad erhöhen. Man kann die Dämpfercharakteristik des adaptiven Fahrwerks und das Verhalten der Allradlenkung (beides Serie bei Initiale Paris) verändern. Und als ob das schon alles wäre. Sogar der Motorsound im Innenraum lässt sich bestimmen und dazu die Leistung der Klimaanlage und die Massagefunktion der Sitze.
Aber damit nicht genug. Vier Fahrprogramme sind obendrein wählbar. In „Comfort“ sind die Dämpfer auf schluckfreudig und die Lenkung auf leichtgängig getrimmt, Getriebe und Gaspedal arbeiten im ökonomischen Modus, das Soundsystem produziert eine kraftvollen beruhigenden Motorklang. Die Allradlenkung lässt die Hinterräder nur bis 50 km/h in Gegenrichtung zu den Vorderrädern einschlagen.
In „Eco“ ist Sparen angesagt. Leistung und Drehmoment werden heruntergefahren, die Klimaautomatik gedrosselt, das Doppelkupplungsgetriebe (Serie mit 160-PS-Diesel und 200-PS-Benziner) schaltet früh hoch.
In „Neutral“ zeigen sich Dämpfer, Getriebe und Gasansprache verbindlich und ausgewogen. Die Klimaautomatik ist nicht limitiert und die Allradlenkung lenkt die Hinterräder bis 60 km/h gegen die Fahrtrichtung, was für höhere Kurvenfreudigkeit sorgt.
In „Sport“ geht die Post ab. Das Fahrwerk ist knackig-straff, das Gaspedal reagiert messerscharf, die Lenkung hat höheren Widerstand, das Getriebe dreht die Gänge weit aus und schaltet früh zurück. Die Allradlenkung lenkt bis 70 km/h gegen die Richtung der Vorderräder.
Und zu guter Letzt noch die Einstellung „Perso“. Hier arbeitet alles ähnlich wie im Programm „Neutral“. Aber der Fahrer kann Elemente der vorkonfigurierten Programme mixen und seinen eigenen Fahrmodus erstellen.
Puh! Wie soll man das alles auf die Reihe bekommen? Natürlich. Irgendwann hat man den Espace so wie es einem passt. Man muss sich nur Mühe geben. Sonst geht es so wie bei unseren Testfahrten, wo wir die Lenkung des Diesel als viel zu leichtgängig und das Fahrwerk zu weich empfanden. Lenkung und Fahrwerk des Benziner fanden wir hingegen straff und mitteilsam, sodass die Fahrt mit ihm viel mehr Spaß brachte. Erst später stellten wir fest: alles eine Sache der richtigen Einstellung.
Natürlich bietet der 4,85 Meter lange Siebensitzer Platz im Überfluss und kann moderne Features wie Head-Up-Display, Spurhaltewarner (klingt übrigens wie ein Reifenschaden) Verkehrszeichenerkennung (mit Tempolimit-Hinweis), Sicherheitsabstandswarner, Notbremsassistent und Tot-Winkel-Assistent vorweisen. Er soll bis zu 250 Kilogramm leichter als der Vorgänger sein. Wählbar sind drei Motorisierungen. Ein Diesel mit 1,6 Liter Hubraum und wahlweise 130 PS und 160 PS und ein Benziner ebenfalls mit 1,6 Liter Hubraum und 200 PS. Der schwächste Motor verfügt über ein Sechsgang-Schaltgetriebe, die beiden stärkeren über Sechs- und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Die Preise beginnen bei 33 550 Euro.
Holger Glanz, autoplusnews, Fotos: Renault