Wer am 12. Januar 2019, dem Eröffnungs-Samstag durch die Hallen 1, C2, 3, 5 und 7 der Reisemesse CMT in Stuttgart wandelte, bekam wenig zu sehen. Grund: Trotz miserabler Wetterverhältnisse war der Besucherandrang so groß, dass eingehende Inspektionen der dort präsentierten Wohnmobile und Caravans kaum möglich war. Denn sie wurden von zu vielen Menschen umlagert. Aber kein Wunder. Das Interesse und die Nachfrage nach Wohnmobilen und Caravans steigt seit den vergangen zehn Jahren unaufhörlich. Im vergangenen Jahr wurden 15,5 Prozent und damit 46 859 mehr Wohnmobile in Deutschland neu zugelassen als im Jahr davor. 7,2 Prozent, genauer 24 327 mehr Caravans, lautet die entsprechende Erfolgsmeldung der Wohnwagen-Branche.
Hermann Pfaff, Präsident des Caravaning Industrie-Verbandes, rechnet auch 2019 mit einem Rekord. Ein Zulassungsplus von 77 000 Urlaubsfahrzeugen scheint nicht utopisch. Der Branchenverband stützt sich dabei auf Aussagen der Hersteller. 75 Prozent erwarten einen wachsenden Absatz, der Rest stabile Absatzzahlen. Der Trend bei Wohnmobilen zeigt aber nicht etwa auf die "großen Weißen", sondern zielt eindeutig auf kompakte Fahrzeuge, die sich auch im Alltagsbetrieb einsetzen lassen und die Fahrt in enge Innenstädte nicht zu unkalkulierbaren Rangierfahrten machen. Die ausgebauten Kastenwagen, sei es in Form vom Fiat Ducato, Ford Transit oder Mercedes Sprinter, machen mittlerweile die Hälfte der Wohnmobilproduktion aus. Laut Verbandsgeschäftsführer Daniel Onggowinarso bremst nicht einmal die Fahrverbotsproblematik das Käuferinteresse. Kaum jemand gedulde sich, bis die (noch) als ungefährdet geltenden Fahrzeuge mit Euro 6d-Temp-Motoren verfügbar sind. Eine etwaige Diesel-Abstinenz ist auch auf der CMT nicht erkennbar.
Dabei liegt das Problem klar auf der Hand. Wer zum Beispiel Stuttgarts einzigen Campingplatz auf den stadtnah gelegenen Cannstatter Wasen ansteuern will, hat schon jetzt mit einem Euro-4-Diesel keine Chance. Ab Herbst ist der Platz wohl selbst für Euro-5-Fahrzeuge tabu. Auf der CMT stellt der Händler WOF aus Weilheim an der Teck ein erstes Wohnmobil mit Elektroantrieb vor - 300 Kilometer Reichweite, 169 000 Euro teuer, ab Hochsommer verfügbar. Das Fahrzeug ist nicht gerade ein Besuchermagnet.
Immer mehr Wohnmobile und Caravans, immer höhere Zulassungszahlen. Leider steigt die Zahl der Camping- und Stellplätze nicht in gleichem Maße, was dem Traum von unbegrenzter Freiheit auf vier Rädern manchen Dämpfer verleiht. Darum wird es höchste Zeit, dass sich die Hersteller der boomenden Freizeitfahrzeugbranche dieser Problematik annehmen und bei Städten und Gemeinden intensiv für die Erstellung von Camping- und Stellplätzen werben.
Holger Glanz, autoplusnews, Foto: CMT