6.6.2014
Cadillac CTS: Amerikaner für Europa
Es gibt Leute, die haben die Nase vom Einheitsbrei auf der Straße gestrichen voll. Selbst wenn sie ein kleines Vermögen für ihren fahrbaren Untersatz bezahlt haben, sagen wir mal für einen E-Klasse-Mercedes, finden sie das Teil an jeder Straßenecke. Wenn sie Glück haben vielleicht in geringfügig anderer Farbe.
Genau auf solche Menschen hat es die traditionsreiche Marke Cadillac abgesehen. Cadillac. Wer denkt da nicht zuallererst an chromschwelgende, heckflossenreckende Riesenschiffe - an richtige Straßenkreuzer eben. Aber leider, die sanft schwingenden Dinosaurier sind ausgestorben und fast nur noch auf Oldtimertreffen zu bewundern. Selbst in ihrer Heimat, den USA, sind sie seltener als freie Parkplätze in europäischen Großstädten.
Moderne Cadillacs sind immer noch große Autos, aber vom Zeitgeist glattgeschliffen wie Kiesel am Strand von Malibu. Wobei glatt geschliffen nicht ganz stimmt - eckig geschliffen wäre besser. Der CTS zum Beispiel, die Alternative zur Mercedes E-Klasse, zeigt richtig Ecken und Kanten. Die knapp fünf Meter lange Limousine ist seit Frühjahr 2014 in mittlerweile dritter Generation in Deutschland zu haben. Gegenüber dem direkten Vorgänger ist sie in der Länge um 13 Zentimeter gewachsen und in der Höhe um 2,5 Zentimeter geschrumpft. Sie schiebt einen mächtigen Kühlergrill (Cadillac sagt Schildkühlergrill) mit großen Waben, der von vertikal angeordneten LED-Scheinwerfern gerahmt wird, in den Fahrwind. Der Grill verfügt über automatisch gesteuerte Lufteinlässe. Das Heck prägen ebenfalls vertikal angeordnete Leuchten und setzen der Karosserielinie, die allzu üppige Rundungen offensichtlich scheut wie der Teufel das Weihwasser, einen würdigen Schlußpunkt. Einheitsbrei ist das nicht.
Das ganze Auto soll nur rund 1,6 Tonnen wiegen, was in dieser Klasse als Leichtgewicht gilt. Auch will man eine absolut ausgeglichene Achslastverteilung hin bekommen haben. Die Ingenieure durften für die Türen und Hauben Aluminium und für Fahrwerk und Motorträger Magnesium verwenden, mussten sich bei jedem neu konstruierten Teil aber die Frage gefallen lassen, ob es nicht noch leichter zu machen wäre. Dabei sind speziell die Fahrwerksteile sehr aufwändige Entwürfe. Mehrlenker-Doppelgelenk-Vorderachse, Fünflenker-Hinterachse und der optionale Allradantrieb bestehen nicht gerade aus zwei Haltebügeln und zwei Zahnrädern. Eben so wenig das adaptive Dämpfersystem. Und schließlich bringt auch der stilvoll-konservativ eingerichtete Innenraum ein paar Kilo auf die Waage. Wie viele gewichtige Elektromotoren allein der zwanzigfach verstellbare Fahrersitz benötigt, mag man gar nicht wissen wollen.
Dagegen herrscht im Motorraum die Parole "lieber leichter". Statt eines fetten V8 oder eines üppigen V6 werkelt dort ein turbogeladener, direkteinspritzender Vierzylinder, der mit 276 PS bei 5500/min eine Sechsgang-Automatik bedient. Sein maximales Drehmoment wird mit 400 Nm bei 3000 bis 4500/min beziffert. Das reicht, um laut Hersteller in 6,6 (mit Allradantrieb 6,9) Sekunden auf 100 km/h zu sprinten. Die Spitze liegt bei 240 (Allrad 230) km/h, der Normverbrauch übereinstimmend bei 8,5 Liter Super/100 km.
Auch die Sicherheitsausstattung des CTS lässt kaum Wünsche offen. Frontkollisionswarner mit Bremsvorbereitung, Spurassistent, Totwinkelwarner, Ausparkwarner, Rückfahrkamera, adaptives Fahrlicht, automatischer Parkassistent sind je nach Ausstattungsversion serienmäßig oder als Extra erhältlich. Besonders stolz ist man auf vibrierende Sitzpolster, die nicht nur bei Spurwechsel, sondern auch vor einem Aufprall von vorn oder aus dem toten Winkel warnen.
Wie sich der Caddy CTS fährt? Er ist sehr leise, sehr komfortabel abgestimmt, kann sich ein leises Räderpoltern aber nicht verkneifen. Gibt man ihm die Sporen, hört man, dass er seine Kraft aus nur vier Zylindern schöpft. Richtig angestrengt fühlt sich der 2,0 Liter große Motor allerdings nicht an. Die Lenkung arbeit einwandfrei. Die Instrumente sind wunderbar gegliedert und leicht abzulesen. Platz für die Passagiere gibt´s im Überfluss. Dem Gepäck bieten sich allerdings nur relativ bescheidene 447 Liter Stauraum. Auch der Tank ist nicht der größte - 72 Liter. Die Rücksitzlehne lässt sich in zwei Teilen umklappen. Nicht nur in dieser Hinsicht ist der Amerikaner europäisch. Er kostet zwischen 52 400 und
59 850 Euro.
Holger Glanz, autoplusnews, Fotos: Cadillac
Für mehr Infos: www.cadillaceurope.com/de