Wie ist zu erklären, dass die Sommermonate unfallträchtigste Zeit sind und nicht die Wintermonate mit ihren widrigen Wetterbedingungen? Natürlich wird im Sommer mehr Fahrrad oder Motorrad gefahren als im Sommer. Aber möglicherweise wird in den Wintermonaten vorsichtiger zu Werke gegangen. In den offiziellen Statistiken steht die Unfallursache "Regen" an erster Stelle. Andere Ursachen, wie zum Beispiel Sonnenblendung, spielen kaum eine Rolle.
Die subjektive Risikowahrnehmung stimmt oft nicht mit der Statistik überein, sagt Dr. Hartmut Kerwien, vom Herforder Institut für angewandte Verkehrspädagogik auf einem Seminar des DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat). Gemäß einer Umfrage halten 86 Prozent Glatteis für das höchste Gefahrenrisiko. Nebel halten 73 Prozent, dichtes Schneetreiben 51 Prozent und starken Regen nur 30 Prozent für gefährlich. In der Realität sieht die Reihenfolge nach Anzahl der Verunglückten aber ganz anders aus. Regen steht als Ursache mit 8351 Unfällen an erster Stelle, Schnee und Eis liegt mit 6670 auf Platz zwei. Auf Platz drei folgen 4186 Unfälle durch Sonnenblendung, Nebel bildet das Schlusslicht mit 705 Verunglückten. Insgesamt waren 2015 rund 2,5 Milionen Unfälle mit 397 000 Verunglückten und 3 459 Toten zu beklagen. Bei Dunkelheit ist das Risiko eines tödlichen Unfalls 1,8 mal höher als bei Tageslicht, so Dr. Kerwien.
Aber nicht nur die Witterung hat Einfluss auf die Verkehrssicherheit, auch mangelnder Schlaf stellt eine Gefahr dar. In unserer modernen Industriegesellschaft sind Schlafstörungen auf dem Vormarsch. Laut DAK-Studie klagen mehr als 80 Prozent der 35- bis 65-jährigen Erwerbstätigen über Schlafprobleme. Sechs Prozent der Deutschen leiden sogar unter Schlafstörungen, die behandlungsbedürftig sind. Je nach Studie sind 1,1 und 1,9 Millionen Bundesbürger an Schlafmittel gewöhnt. Mit Schlafmangel und Schlafstörungen erhöht sich das Unfallrisiko immens. Im Urlaubsverkehr sind die Risiken besonders hoch. Denn sehr häufig werden gerade Urlaubsfahrten nach kurzer Schlafzeit begonnen. Wer eine Stunde weniger als gewohnt schläft, erhöht sein Unfallrisiko um 20 Prozent. Mit weniger als vier Stunden Schlaf erhöht es sich auf das 11,5-fache sagt Dr. Hans-Günter Weeß vom Interdisziplinären Schlafzentrum in Klingenmünster.
In den USA mit ihren langen, oft schnurgeraden tempobegrenzten Highways ist jeder sechste Unfalltote auf Schläfrigkeit am Steuer zurückzuführen, beweist eine Studie der AAA Foundation for Trafic Safety. Nahezu jeder dritte Amerikaner hat einmal im Jahr gefährlichen Sekundenschlaf während der Fahrt. In Deutschland geht laut HUK-Verband jeder vierte Unfalltote auf Autobahnen auf Sekundenschlaf zurück. "Nur" jeder dreizehnte war 2014 dem Delikt Alkohol am Steuer anzulasten.
Holger Glanz, autoplusnews, Foto: DVR