Einziger deutscher Teilnehmer in Val de Vienne:
Kai Schülter aus Oberjoch auf einem Tecno Formel Ford von 1970
Hybrid- und Elektrautos haben sicherlich ihre Berechtigung. Aber der Freude am richtig kernigen Motorsport erteilen sie einen Dämpfer. Die Formel E liefert spannende Kämpfe um die Plätze, ein Publikumsmagnet ist sie aber nicht. Dabei findet sie quasi vor den Haustüren, also direkt in Städten und nicht auf weit abgelegenen Rennstrecken statt. Dass jedoch immer mehr Werksteams aussteigen, gilt als Alarmsignal vor dem Niedergang der Rennserie. Mercedes hört trotz Titelgewinn auf. BMW und Audi begründen den Ausstieg damit, dass der Technologietransfer von der Rennstrecke zur E-Mobilität ausgereizt sei.
Diese Sorge haben die Veranstalter historischer Rennserien natürlich nicht. Im Gegenteil: Klassischer Motorsport hat mehr und mehr Zulauf. In Frankreich erlebt historischer Motorsport einen regelrechten Aufschwung. Historic Tour, eine Rennserie auf fünf Rennstrecken, hat jeweils rund 300 Starter. Erster Lauf in 2021 war in Albi, es folgten Dijon und Val de Vienne. Charade und Lédenon stehen noch aus.
Die größten Starterfelder treten zum Rennen um die Trophée Lotus an. Hier kämpfen knapp 30 Lotus Seven und einige Caterham miteinander. Sieger beider Läufe in Val de Vienne war der Franzose Anthony Delhaye auf einem Lotus Seven von 1963.
Ebenso viele Teilnehmer starteten im Rennen um den Roadster Pro Cup, eine Serie, die ausschließlich Mazda MX5 1600 der Jahre 1991 und 1992 vorbehalten ist. Die Autos treten absolut serienmäßig an. Sogar Rennreifen sind verboten. Einziger Unterschied zum Straßenauto: statt des Cabrioverdecks ist ein Überrollkäfig montiert. In Val de Vienne gewann der Franzose Laurent Fresnais beide Läufe.
Nicht weniger spannend waren die Rennen der Sport-Prototypen, der Youngtimer, der GT und Saloon Cars, der historischen Formel 3 und der Formel Ford. Bei den GT und Saloon Cars startete auch ein Audi Quattro von 1984. Unter dem Franzosen Fabrice Lefebvre belegte er den zweiten Platz. Das Auto hat schon Geschichte geschrieben. Mit Michèle Mouton und Fabrizia Pons sammelte es einst Meriten in der Rallye-Weltmeisterschaft.
Einziger Deutscher unter den Startern war der aus dem bayrischen Oberjoch stammende Kai Schülter. Der Allgäuer, im Privatleben Flugzeugbauer und Testpilot, knüpfte in der Rennfahrerschule Charade bei Clermond-Ferrand erste Kontakte zur Formel Ford und reiste mit einem Tecno aus dem Jahre 1970 an. Die Formel Ford fährt mit Serienmotoren aus dem Ford Escort, Leistung 105 PS. Sieger des Formel-Ford-Rennens wurde der Schweizer Gislain Genecand auf einem Crosslè-Formel Ford aus 1974. Schülter, der schon in Dijon am Start war, betrachtete sein erstes Jahr in der Formel Ford als Lernphase und landete im Hinterfeld.
Die Rennstrecke Val de Vienne liegt etwa 60 Kilometer südöstlich von Poitiers im Department Vienne in der Region Nouvelle-Aquitaine. Die Region ist äußerst dünn besiedelt, weswegen es keinerlei Geräuschprobleme mit Anliegern gibt. Sie ist idyllisch gelegen und eine ausgesprochen gute Zuschauerstrecke. Nahezu jeder Teil der Piste ist hervorragend einsehbar. Da sich die Zuschauerplätze um den gesamten Kurs erstrecken, ist das Risiko für unangenehmes Gedrängel unter keinen Umständen gegegeben.
Holger Glanz, Inge Glanz (Fotos) autoplusnews