27.6.2016
Fahrradhauptstadt Münster
Was den Flächenanteil betrifft ist das westfälische Münster die siebtgrößte Stadt in Deutschland. Obwohl jeder zweite der 305 000 Einwohner ein Auto besitzt, erledigen die Münsteraner 40 Prozent ihrer Wege unmotorisiert auf Fahrrädern. Nicht nur Schüler und Studenten, nein Bürger aller Altersklassen nutzen die „Leeze“, wie man dort sagt, zum Einkaufen, auf dem Weg zur Arbeit oder zur Freizeitgestaltung. Und das im Sommer und im Winter.
Natürlich verfügt Münster über ein besonders dichtes Radwegenetz und hat ideale topografische Voraussetzungen. Steigungen und Gefälle sind quasi nicht vorhanden. Die Kehrseite der Medaille: Das Radwegenetz stößt an seine Grenzen. Auf dem 4,5 langen Ring um die Altstadt wurden schon mehr als 1750 Radler pro Stunde gezählt. Abstellplätze für Fahrräder, besonders am Bahnhof, sind zu bestimmten Zeiten Mangelware. Auch Unfälle häufen sich. Über 40 Prozent der Verletzungen durch Verkehrsunfälle betreffen Radfahrer. Die Stadtverwaltung begann schon 2009 gegen zu halten. Unfallstellen wurden entschärft, das Tempo auf den Hauptverkehrsstraßen gesenkt, eine Reihe von baulichen Maßnahmen umgesetzt, Aufklärungskampagnen gestartet, Aufklärung und Überwachung intensiviert. Das Resultat: Die Zahl der Unfälle ging deutlich zurück. Dennoch bleibt Verkehrssicherheitsarbeit eine Daueraufgabe, sagt Dipl.-Ing. Stephan Böhme vom Amt für Stadtentwicklung und Verkehrsplanung auf einem Seminar des DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat). Dass Münster als Fahrradhauptstadt und als Vorbild für viele andere Städte in Deutschland gilt, steht außer Zweifel.
Besonders an den intelligenten Markierungen, Beschilderungen und Radweg-Layouts könnten sich viele ein Beispiel nehmen. Um mehr Menschen in Deutschland aufs Fahrrad zu bringen sind aber letztendlich neue, teilweise revolutionäre Konzepte notwendig. Ein Teil dessen sind so genannte Radschnellwege zwischen den Städten. Erst damit könnte man nicht zuletzt den Pendlerverkehr entlasten, meint Franz P. Linder vom Planerbüro Südstadt, Köln. Sie würden auch dem ständigen Zuwachs an Pedelecs Rechnung tragen. Bislang ist das Radwegenetz darauf keinesfalls vorbereitet. Der E-Bike-Bestand ist inzwischen auf zwei Millionen gewachsen. Im vergangenen Jahr wurden 535 000 Stück gekauft. 2014 starben 39 Menschen bei Unfällen mit E-Bikes, 32 davon waren älter als 64 Jahre.
Holger Glanz, autoplusnews
Risiko Motorradfahren
Im vergangenen Jahr starben auf deutschen Straßen 632 Motorradfahrer. Alarmierende Zahlen, selbst da seit dem Jahr 2000 die Zahl der Motorradunfälle um 37 Prozent gesunken ist. Die Zahl der Pkw-Unfälle sank um 63 Prozent. 48 Prozent der Motorradunfälle auf Landstraßen waren Alleinunfälle, also ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer. Das Risiko, als Motorradfahrer einen tödlichen Unfall zu erleiden ist 17 mal größer als das eines Autofahrers.
Seit Januar 2016 ist ABS für alle neuen Motorräder ab 125 ccm Pflicht. BMW führte 2014 Kurven-ABS ein, 2015 brachten die Bayern den „Side View Assist“, ein System zur Umfelderkennung auf dem Motorrad. Die Entwicklung von Airbagsystemen führte zunächst in eine Sackgasse. Doch BMW entwickelt in Zusammenarbeit mit Alpinestars eine Motorradjacke mit integrierter Airbag-Weste. Das von BMW im C1 umgesetzte Konzept aus Sicherheitszelle und Gurt ist effektiv, traf aber nicht auf die nötige Akzeptanz. Der C1 wurde inzwischen vom Markt genommen. Auch Konzepte mit drei Rädern könnten viele Unfälle verhindern, werden von vielen Motorradfahrern jedoch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Vielversprechend sind intelligente Systeme, zum Beispiel der Linksabbiegeassistent, der vor einem herannahenden Motorrad warnt, indem er Pkw und Motorrad kommunizieren lässt. Notrufsysteme für Motorräder sind ebenfalls ein Sicherheitsgewinn. Ende 2016 bringt BMW „eCall“ auf den Markt. Das System enthält eine Unfallerkennung, die einen automatischen Notruf mit Angabe der Koordinaten auslöst, aber auch manuell bedient werden kann.
Da Motorradfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern leicht übersehen werden ist die Erhöhung der Wahrnehmbarkeit ein wichtiger Punkt. Das Tragen von Warnwesten oder entsprechender Kleidung ist hilfreich. BMW bietet seit 2011 Tagfahrlicht und adaptives Kurvenlicht an. Nicht nur die bayerische Marke entwickelt intensiv. Alle in Europa vertretenen Motorradhersteller verpflichteten sich, bis 2020 mindestens eines ihrer Modelle mit derartigen Sicherheitssystemen auszustatten.
Motorradfahren bleibt auch damit gefährlich. Darum sollte der Respekt immer mitfahren, die Angst aber nicht, sagt Beata Telingo, Leiterin der BMW-Motorrad-Fahrerqualifikation auf einem Seminar des DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat).
Holger Glanz, autoplusnews